Mittwoch, 16. April 2008

Liebe ohne Leiden ...

Hi, kennt ihr das Lied von Udo Jürgens "Liebe ohne Leiden"?
Na, wahrscheinlich nicht, hab es bis jetzt ja auch nicht gekannt. Habe es gerade im Radio zufällig gehört, und dazu ein kleines Wortspiel gedichtet:

Liebe ohne Leiden,
das lieb ich leider nicht
den liebe ohne leiden
das daleid ich leider nicht

Liebe ohne Leiden
Leider lieb ich nicht
den leider Leid ich lieber
dafür lieb ich nicht

Liebe ohne Leiden
geht das vielleicht nicht?
Den Lieben das heißt leiden
oder stimmt das nicht???

Wo ist dein Schild?

Doofe Leute sollten Schilder tragen müssen, auf denen "ich bin doof"
steht. Auf diese Weise würde man sich nicht auf sie verlassen, oder?
Du würdest sie nix fragen. Es wäre wie "Tschuldigung, ich... äh,
vergiss es. Hab das Schild nicht gesehen."

Das ist wie bevor ich mit meiner Frau mitten im Umzug war. Unser Haus
war voll mit Kartons, und der Umzugslaster stand in der Einfahrt. Mein
Nachbar kommt rüber und fragt "Hey, du ziehst um?" - "Nö. Wir packen
nur ein oder zweimal die Woche unsere Klamotten ein, um zu sehen, wie
viele Kartons wir brauchen. Hier ist dein Schild."

Vor ein paar Monaten war ich mit nem Freund angeln. Wir zogen sein
Boot an Land, ich hob meinen Fang aus dem Boot. Da kommt dieser Idiot
von der Anlegestelle und fragt "Hey, hast du all die Fische gefangen?"
- "Nö. Ich hab sie überredet aufzugeben. Hier ist Dein Schild."

Ich hab eine dieser Tier-Dokus im Fernsehen gesehen. Da war ein Typ,
der nen Haifisch-Biss-sicheren Anzug erfunden hat. Und es gibt nur
einen Weg, sowas zu testen. "OK, Jimmy, du hast den Anzug an, sieht
gut aus...sie wollen, dass du in dieses Becken mit Haifischen
springst, und du erzählst uns hinterher, ob es weh tut, wenn sie dich
beißen." - "OK, aber halte mein Schild fest! Ich will's nicht
verlieren."

Als ich das letzte Mal nen Plattfuß hatte, fuhr ich zu ner Tankstelle.
Der Wärter kommt raus, wirft nen Blick auf meine Karre und fragt
"Reifen platt?" Ich konnte nicht widerstehen. Ich sagte "Nö. Ich fuhr
so rum, als die anderen drei sich plötzlich aufpumpten. Hier ist dein
Schild."

Wir versuchten letztes Jahr, unser Auto zu verkaufen. Ein Typ kam
rüber zum Haus und fuhr die Karre ne dreiviertel Stunde. Wir kommen
zurück zu Haus, er steigt aus, bückt sich, greift an den Auspuff und
sagt "scheiße, ist das heiß!" Siehst du? Hätte er sein Schild
getragen, hätte ich ihn abhalten können.

Ich hab gelernt, nen Sattelschlepper zu fahren. Ich verschätzte mich
bei der Höhe einer Brücke, verkeilte den LKW und konnte ihn nicht
wieder los kriegen, egal was ich auch versuchte. Über Funk hab ich
Hilfe angefordert. Dann kam ein Polizist und fing an, einen Bericht zu
schreiben. Er stellte die üblichen Fragen... ok... kein Problem. Ich
war mir schon sicher, dass er kein Schild bräuchte... bis er fragte
"also... ihr LKW hat sich verkeilt?" Ich konnte mir nicht helfen! Ich
sah ihn an, blickte zurück zum Sattelschlepper, dann zurück zu ihm und
sagte "Nein, ich liefere eine Brücke. Hier ist dein Schild."

Ich musste den einen Abend lange arbeiten, als ein Kollege reinschaute
und sagte "Du bist immer noch hier?" Ich antwortete "Nö. Ich bin vor
10 Minuten abgehauen. Hier ist dein Schild."

Neulich war ich mit dem Fahrrad unterwegs. Intelligenterweise telefonierte
ich dabei, fuhr freihändig und wollte den Gang wechseln. Ich rutsche mit
dem Fahrrad weg und blieb mit der Hand in der Leitplanke hängen. Ich lag
dann da so lustig auf der Straße 'rum mit nem stylischen Blutfleck neben
mir auf dem Boden. Ich wollte grad aufstehen, als ein älterer Mann neben
mir hielt: "Sind sie hingefallen?" Trotz Schmerzen konnte ich es mir
einfach nicht verkneifen: "Nein, ich liege hier um mich zu sonnen!"
Verdammt, warum hast du dein Schild nicht dabei?

Der Student - Satire

Der Student
Der Student, in Fachkreisen auch „Hochschüler“ genannt, kommt hauptsächlich in für ihn eingerichteten Schutzgebieten, den „Studentenstädten“ vor. Politik und Gesellschaft in diesen Städten beschweren sich das ganze Jahr über wegen Studentenpartys, Lärm, Alkoholkonsum und sonstigen Ausschweifungen, während sie speziell in den Sommermonaten, vor Volkszählungen und natürlich Wahlen im Herzen eh alle Studenten sind. Eigentlich!
Studenten, von Biologen oft mit den „Stud-Enten“ verwechselt, ernähren sich hauptsächlich von Pizza, Toast und Bier. Den meisten ist eine stark negative Affinität zu Vitaminen wie zum Beispiel in Salaten, Gemüse etc. vorhanden, zueigen. Der studentische Magen ist allerdings auf diese Art der Ernährung bestens eingestellt.
Was Studenten eigentlich arbeiten, ist niemandem so recht klar. Allerdings gibt es Gerüchte, dass zwischen Partys, Snowboarden, Geld verdienen um Studentenleben zu finanzieren, spontane Kurzurlaube machen, Studentendemos organisieren, in Verbindungen Wichtigtun und ähnlichen Überlebenswichtigen Studentischen Aktivitäten (ÜSA´s) tatsächlich Phasen produktiven Lernens vorhanden sein könnten.
Das Hauptaugenmerk eines Studenten gilt jedoch den ÜSA´s. Waren dies früher meist Demonstrationen für Weltfrieden, Gerechtigkeit, Liebe und vor allem mehr Geld für Studenten, so beschränken sich diese heute in vielen Fällen nur mehr auf Versammlungen in den diversen Innenstadtlokalen.
Studenten interessieren sich für so ziemlich alles. Außer natürlich für ihr Studium. Damit gilt man als weltoffen, und vermeidet ein allzu rasches Ende des Studentenlebens. Und das will ja keiner. Mit Ausnahme von eifersüchtigen Arbeitnehmern, gerade auch in besagten Studentenstädten. Diese wollen es einfach nicht einsehen, dass sie mit ihren Steuergeldern die studentische Hochkultur in ihren Städten fördern dürfen/müssen.
Die am häufigsten vorkommende Gattung ist der so genannte ÜSA-Student. Der Grund, warum gerade diese Art am zahlreichsten auftritt, liegt in der durchschnittlichen Studiendauer von ca 12 Jahre.
Eine leider aussterbende Art von Studenten ist der demonstrierende Student. Früher von der Politik mit Zugeständnissen besänftigt, von der Gesellschaft gefürchtet und von Schülern bewundert, fristet er heute ein Schattendasein bei Klein-und Kleinstdemonstrationen (Teilnehmerzahl <10) gegen Studiengebühren im Speziellen und Amerika und George W. Bush im Allgemeinen.

Das Team - Kapitel 5 - 7

Kapitel 5
Am Samstag kam es dann zum ersten richtig großen Zusammenstoß. Sabrina, Daniela, Sarah und einige andere stellten sich offen gegen den Rest der Mannschaft. Und das kurz vor dem ersten Trainingsspiel gegen eine Mannschaft aus Deutschland. Der Gegner sollte ein echter Härtetest sein, das erste „richtige“ Spiel mit Michael als Trainer.
Michael hörte in der Mittagspause den Lärm am Platz. Als er mit dem Rollstuhl hin fuhr, sah er, dass sich die Mannschaft in die zwei Lager gespaltet hatte. Beschimpfungen flogen hin und her. Als Michael vor den Mädchen stehen blieb, herrschte plötzlich Stille. Ihm kam es vor wie die Ruhe vor dem Sturm: „Meine Damen, eigentlich ist es mir scheißegal was hier los war. Ehrlich, mein einziges Ziel für den heutigen Tag war, dieses Spiel zu gewinnen. Ich dachte, bei euch wäre das auch so. Habe mich anscheinend geirrt. Nun, Daniela, Andrea – mitkommen. Der Rest der Mannschaft läuft eine Runde zur Donau und wieder hoch. Locker auslaufen, wir haben heute ein wichtiges Testspiel!“
Betreten standen die beiden Spielerinnen vor Michael, beinahe kamen sie sich vor wie Schülerinnen, die ungehorsam waren, und nun Nachsitzen mussten. Bei dieser Vorstellung musste Daniela grinsen.
„Andrea, was war los? Deine Sicht, bitte!“ Bevor Daniela protestieren konnte, das wieder einmal Andrea bevorzugt wurde, sagte diese: „Dani hat mich eine Schlampe genannt! Wegen der Ernennung zum Kapitän, sie meinte …“ „… dass du mir etwas dafür gibst, dass ich dich zum Kapitän mache, nicht“ ergänzte Michael ihren Satz. „Und dann bist du auf sie los gegangen, Andrea?“ Andreas schweigen war Antwort genug, da schaltete sich Daniela ein: „Klar, wie eine Furie. Die hat doch nie das Zeug zum Kapitän, wenn sie so was nicht aushält. Was soll das ganze überhaupt, ist doch eine Farce!“
„Daniela, du hast das zu ihr gesagt?“ Kaum merklich nickte Daniela. Michael seufzte: „Gut, beide 20 Runden um den Platz laufen, heute Abend sitzt ihr auf der Tribüne. Beim nächsten Zusammenstoß seid ihr für zwei Wochen suspendiert, klar soweit? Und jetzt, wegtreten!“
Als beide protestieren wollten unterbrach Michael energisch: „Wegtreten, sofort! Los, rennen!“

Die Atmosphäre beim Nachmittagstraining glich einem Mienenfeld. Ein falsches Wort würde eine Explosion auslösen, deren Folgen niemand erahnen könnte. Michael vermutete, wenn es nun noch zu einem kleinen Zwischenfall kam, würde seine Trainerkarriere nach einer Woche zu Ende sein. So verlockend dieser Gedanke auch war, längst schon war Michael von seinem alten Ehrgeiz erfasst worden. Ja, er würde allen beweisen dass er mehr Ahnung von Fußball hatte als sie! Fußball, das hatte man nicht in den Beinen, nein, Fußball muss man im Kopf haben. Das hatte ihm Frank immer beigebracht. Fußball, dass passiert im Kopf. Die Beine sind nur ein Werkzeug. Michael meinte zu ahnen, was Frank damit sagen wollte. Und ja, sein „Werkzeug“ waren nun eben die Damen des 1. FC Hütteldorfs!

Am Abend stand Michael vor der Frage, wie er den Ausfall von Andrea im Mittelfeld kompensieren sollte. Für Danielas Position stellte sich die Frage nicht, hier war hatte die Mannschaft mit Claire einen guten Ersatz parat.
Die Strafe rückgängig machen kam natürlich nicht in Frage. Aber er hatte schon eine Idee.
„Michelle, komm mal her! Hast du schon mal im zentralen Mittelfeld gespielt? Ich habe dich ein bisschen beobachtet, du spielst sehr gute Pässe, bist stark am Ball.“ Michelle zögerte ein bisschen: „Äh, Coach ehrlich gesagt. Ich weiß nicht, lieber spiele ich ganz vorne. Weißt du, ich bin nicht so der kreative Typ für den Spielaufbau und so…“
„Michelle, welche Frage habe ich dir gestellt? Nicht, wo du gern spielst oder was du für Typ bist! Hast du schon mal Mittelfeld gespielt, ja oder nein!“ Michael wurde ungeduldig. „Nein, hab ich nicht, Coach!“ sagte Michelle, in übertriebenem und bewusst ironischem Kasernenhofton!
Michael ignorierte die Ironie und meinte: „Gut, dann ist heute dein erstes Mal. Freu dich, nur wenige Frauen haben öfter als einmal ihr erstes Mal. Und jetzt ab, mach dich fertig.“

Sie verloren das Spiel klar mit 7:1. Mit hängenden Köpfen gingen die Spielerinnen in Richtung Kabinen. Michael wusste, er sollte ihnen etwas Aufmunterndes sagen. Aber er hatte absolut keine Lust darauf, er war sauer auf die Mädels, und wütend auf sich selbst. Michelle hatte in den ersten 20 Minuten Probleme mit ihrer neuen Position. Verständlich eigentlich, aber Michael ließ solche Dinge nicht gelten. Bis sie dann ins Spiel gefunden hat, stand es dann schon 3:0. Der Halbzeitstand war dann 4:0, in der Pause schrie Michael sich die Kehle aus dem Hals. Doch das muntere Preisschießen ging weiter, die Abwehr war ohne Daniela komplett überfordert, Sabrina war nicht wirklich bei der Sache und Michelle arbeite zwar brav, ging aber immer viel zu weit mit nach vorn in die Offensive. Sie war halt eine gelernte Stürmerin.
Immerhin gelang ihr der Ehrentreffer. Michael wusste, dass die Schuld an der verdient hohen Niederlage zum Teil am Klima in der Mannschaft lag. Und damit bei ihm! Er machte sich keine Illusionen, die Mannschaft hasste ihn. Ja, Michael dachte bei sich, heute Abend würde er Frank anbieten, zurück zu treten. Nach der Leistung heute konnte es Frank als Präsident nicht vertreten, ihn als Trainer zu belassen.
Als die beiden am Abend an einem Bier saßen, meinte Frank: „Na, wie sieht es aus, Mike? Fortschritte?“ „Komm schon, Frank, lass die blöden Fragen. Du weißt ganz genau wie das Spiel ausgegangen ist. Weltmeisterleistung war das keine, im Gegenteil, das war eine Weltidiotenleistung! Also, war es das mit deiner fixen Idee, dass ich Trainer werden muss? Kann ich zurück treten?“ Michael tat es beinahe ein bisschen leid, das er seinen Rücktritt anbieten musste, er konnte es selbst nicht glauben.
„Mike, du kannst nicht als Trainer zurücktreten!“ erwiderte Frank. Michael fragte verwundert: „Warum nicht, klar kann ich das“. „Nein, Mike, du kannst nicht von einem Amt zurücktreten, das du nie angenommen hast.“ Nachdem Michael nur verblüfft schwieg, erklärte Frank: „Wie verabschieden wir uns immer, nach dem Training: Das war jetzt das letzte Mal, bis irgendwann, Frank! rufst du mir zu. Und ich sage: Ja, bis irgendwann! Und am nächsten Trainingstag stehst du da, und meinst: Nur dieses eine Mal noch. Siehst du also, du hast gar kein Amt, von dem du zurück treten kannst!“
Frank grinste Michael überlegen an. Nachdem Michael den Gedanken seines langjährigen Freundes und Ersatzvaters endlich folgen konnte, meinte er: „Na gut, du willst es also bis zum bitteren Ende durchziehen, oder? Wie du meinst. Aber auf deine Verantwortung“ „Mike, ich habe ein gutes Gefühl bei der Sache, glaub mir. Aber jetzt erzähl mal, wie geht es dir? Wir haben die ganze letzte Woche nur über Fußball geredet!“ Michael bestellte noch zwei Bier. Einige Zeit nippte er nur an seinem Glas, dann fing er an: „Mir hat bis heute niemand gesagt, wer dieser Johann S. ist. Ich kann einfach nicht glauben, dass das Leben so ungerecht ist. Und ihn ungestraft davon kommen lässt! Frank, das ist einfach nicht fair! Ich möchte wissen, was für ein Mensch er ist. Ob er es zumindest verdient hat, weiter zu leben. Ob sein Leben irgendeinen Nutzen ergibt. Frank, du weiß wer es ist, oder? Du kennst den Namen des Mannes? Ich bitte dich, sag ihn mir!“ Beinahe flehentlich sah Michael seinem Freund und Mentor in die Augen. „Nein, Mike, dazu kann ich nichts sagen. Aber zu deiner Frage: Nirgends steht geschrieben, dass das Leben gerecht ist! Das Leben ist nicht gerecht, Mike, das ist nur ein Wunsch von einigen Idealisten. Das Leben ist verdammt ungerecht, und es liegt an uns, das Beste daraus zu machen!“
Lange Zeit sagte niemand ein Wort. So war das oft, zwischen ihnen beiden, sie saßen sich gegenüber und schwiegen sich an. Irgendwann sagte Michael: „Ich geh dann schlafen, wenn du weitere Lebensweisheiten parat hast, ruf mich halt an, ja?“ Frank deutete ein Kopfschütteln an, als er den ironischen Ton in der Stimme von Michael hörte. „Gute Nacht, Mike. Und, sehen wir uns am Montag?“ „Eher nicht, aber lass dich überraschen. Gute Nacht!“

Am gleichen Abend, in einer anderen Bar am anderen Ende der Stadt. Johann S. fällt zum dritten Mal an diesem Abend von seinem Stuhl. Nach 12 Bier und einigen Gläsern Schnaps beschließt der Wirt, ihm nichts mehr zu trinken zu geben. Johann S. weiß nicht, wie oft er in seinem Leben aus einer Bar geworfen wurde. Heute Abend kam ein weiteres Mal dazu. Als er auf der Straße saß, wusste er nicht, wie er heimkommen sollte. Dann viel ihm ein, heute war Samstag. Er hatte kein „Daheim“ mehr, außer der Straße. Johann S. schlief in seinem eigenen Erbrochenen in einer kleinen Wiese neben der Straße ein. Sein letzter Gedanke war, dass er morgen seinen Kumpel Joseph suchen musste. Ja, er war schon ein Glückspilz, dass er den Seppl kannte. Der würde sich um ihn kümmern. Und dann sah die Welt gleich wieder besser aus.

Kapitel 6
Natürlich war Michael am Montag beim Training. Genauso wie am Mittwoch, und die restlichen Trainingstage in der Woche. Nach der mehr als deutlichen Niederlage in dem Testspiel hatte er die größten Schwächen im Spiel seiner Mannschaft erkannt. Nun ging es daran, diese Dinge anzupacken. Am Montag nach dem Training sprach er mit Andrea und Daniela: „Mädels, es gibt genau zwei Arten, um den Ball nach vorne in Richtung des gegnerischen Tors zu bringen. Entweder so, wie du, Andrea, es bevorzugst: Ball am Fuß, und rennen, rennen, rennen. Speed-Dribbling, wie das heißt hat den Nachteil, dass manchmal schon bei einer Gegenspielerin, aber spätestens bei zwei Gegenspielerinnen der Ball weg ist. Das euch dass passiert ist klar, aber auch richtig guten Spielern geht das so.“ Andrea wollte protestieren, aber Michael sprach energisch weiter: „ Darum die zweite Möglichkeit: Passen! Den Ball nach vorne spielen, von Sabrina zu Sarah, zu Daniela, weiter zu Andrea und dann zu Michelle. Soweit klar?“ Andrea versuchte zu widersprechen: „Ja, aber über das ganze Feld Passes spielen ist schwierig, und …“ Michael unterbrach scharf: „Ja, ich weiß, für euch zu schwer, ich kenne eure begrenzten Fähigkeiten. Aber darum bin ich ja da, um es euch beizubringen. Also, von heute an wird das Hauptaugenmerk im Training auf Kurzpassspiel gelegt. Klar soweit? Und jetzt ab, keine Diskussion!“ Daniela machte später ihrem Ärger in der Kabine Luft: „Echt, Michael ist unmöglich, wie ich es hasse, wenn er unsere Leistungen runterbuttert! Am liebsten würde ich ihm in seine Eier treten!“ „Ja, aber würde nichts bringen, er spürt ja nichts“ erwiderte Andrea. „Ach sei doch ruhig, du bist eh sein Liebling“ giftete Sabrina. Andrea entgegnete heftig: „ Ich kann ihn auch nicht ausstehen. Aber warten wir mal ab, wenn wir in der Saison so schlecht spielen wie in dem Testspiel, wird Frank ihn irgendwann feuern. Oder er wird freiwillig gehen!“ Andrea wollte sich nicht auf die Seite von Michael drängen lassen, auch sie fand, er wäre ein Widerling. Aber vielleicht, eventuell konnte er mit seiner Taktik Recht behalten. Die Zeit würde es weisen. Nachdem Frank nicht von seiner Entscheidung abrückte, hatten sie keine andere Wahl, als ihm eine Chance zu geben. Und schlimmer als die letzten Saisonen konnte es zum Glück nicht mehr werden.

Je näher der Start der Saison kam, desto gereizter wurde Michael. Selbst Frank konnte ihn manchmal nicht mehr beruhigen. Wenn während dem Training etwas nicht so lief, wie er wollte, drehte er beinahe durch. Wenn in einem Testspiel ein Fehlpass passierte, schrie er auf der Linie zu der betreffenden Spielerin: „So was von unfähig, komm her, du wirst ausgewechselt“. In mehr als einem Testspiel hatte er dann keine Spielerin mehr auf der Bank zum Wechseln, und spielte mit 10 oder sogar 9 Spielerinnen zu Ende. Natürlich verloren sie ein Testspiel nach dem anderen. Und je mehr sie verloren, desto wütender wurde Michael. Frank war mehr als einmal kurz davor, alles abzubrechen. Aber trotz allem glaubte er an sein Gefühl, da war noch was drin.

Michael konnte nur mehr selten wirklich einschlafen. Jeden Tag fürchtete er sich vor dem Moment, wo er das Licht ausmachte. Das war der Zeitpunkt, für die Geister in seinem Kopf, wach zu werden. Er durfte, nein er konnte nicht versagen. Er musste es allen beweisen, er musste es sich selbst beweisen! In der Dunkelheit der Nacht wusste er, dass er es nicht schaffen würde. Nicht mit dieser Mannschaft, und schon gar nicht mit einem Krüppel als Trainer. Er war ein Krüppel, wie konnte er sich einbilden im Fußball wieder Erfolg zu haben. Der Sinn seines Lebens, der Fußball, war weg. Unwiederbringlich. Frank hatte ihn wieder Träumen lassen, aber diese Träume wurden nun zu Alpträumen. „Warum, Frank? Warum hast du mich nicht in meiner Lethargie alleine gelassen? Warum hast du das gemacht, Frank“ Wenn Michael einmal einschlief, wachte er schweiß gebadet wieder auf. Bilder des Unfalls plagten ihn. Jahrelang hatten in diese Bilder in Ruhe gelassen, aber nun waren sie wieder da.
Und über allem stand Johann S. dieser Schatten, der sein Traum, seine Zukunft und sein Leben zerstörte! In diesen Nächten quälte er ihn wieder so stark wie nie zuvor. „Johann S. wer bist du? Weißt du, was du mir angetan hast?“ Er schien ihn in seiner Hilflosigkeit zu verhöhnen, Michael spürte geradezu sein unbarmherziges Lachen. Irgendwann fiel Michael dann immer in einen unruhigen, wenig erholsamen Schlaf.

Am nächsten Samstag wartete Michael nervös vor dem Trainingsplatz auf Frank. Heute war das letzte Testspiel vor dem Beginn der neuen Saison. Immer wieder sah Michael auf die Uhr. Es war 16.58, wo blieb Frank. Er überlegte, was er seinem Team sagen konnte. Oder ob er überhaupt etwas sagen sollte. Er hatte das Gefühl, als spielten alle gegen ihn. „Zum Teufel mit ihnen“ dachte Michael, „entweder sie wollen gewinnen, und zwar mehr als alles andere! Oder sie sind einfach zu weich!“ Nein, Michael dachte nicht dass er zu hart mit ihnen wäre. „Fußball ist ein Männersport, ich kann nicht 11 Prinzessinnen auf der Erbse hätscheln und streicheln!“
Wieder sah er auf die Uhr 17.01 Uhr. Vom Trainingsplatz erschien Daniela: „Hey Michael, soll ich dir rein helfen? Wir sind schon am Platz!“ „Nein, sollst du nicht“ bellte Michael verärgert! Ich warte auf Frank, ihr könnt schon mal 15 Runden laufen! Danach treffen wir uns am Mittelkreis! Und jetzt ab!“ Wenn Frank auftauchte, konnte er was erleben. „Warum hat dieser blöde Trainingsplatz auch Stufen? So was von unsinnig! Nein, ich werde Frank sagen, dass ich nicht mehr weiter mache. Hat keinen Sinn!“ „Hey Mike, tut mir leid, dass ich zu spät bin. Hat dir nicht eine von den Mädels über die Stufen helfen können?“ riss Frank ihn aus den Gedanken. „Nein, Frank ich hätte hier gewartet bis mir Flügel wachsen. Wo warst du so lange?“ warf Michael Frank an den Kopf. „Komm schon Mike, ich hatte eben zu tun. Und nun los, du hast ja noch einiges zu tun vor dem Spiel heute“ Frank grinste, er hatte eine zu dicke Haut um die Provokationen von Michael noch Ernst zu nehmen.

Michael versammelte die Spielerinnen in der Kabine um sich: „Also, ich weiß ihr mögt mich nicht. Damit kann ich leben, wir sind hier nicht zusammen um Freunde zu sein, sondern um Fußball zu spielen. Und vor allem um zu gewinnen. Alles, was ich von euch will, ist das eine: Ihr müsst gewinnen wollen! Und zwar nicht nur ein bisschen wollen. Nicht nur mal so eben ein bisschen Kicken, mal sehen was dabei rauskommt! Ich wache in der Früh vor einem Spiel auf, und will nur eines: Gewinnen! Und das erwarte ich von jeder von euch! Verstanden? Also, ihr geht da jetzt raus, und dann gewinnt ihr! Klar soweit?
Andrea wenn du einen Pass bekommst, schaust du, ob vorne eine Anspielstation frei ist, und spielst ab! Michelle, du bist immer bereit für einen Pass aus dem Mittelfeld! Wie ich euch gesagt habe: Der Ball wird durch Passes nach vorne gebracht. Genau das haben wir jetzt die ganze Zeit geübt, ich will keinen Fehlpass sehen, klar?“
Michael wusste nicht, ob die Rede ihren Zweck erfüllt hatte. Skeptische Blicke trafen ihn, als die Damen an ihm vorbei aufs Feld liefen. Er sah in ihre Augen, aber er sah keinen unbändigen Siegeswillen darin. Er hatte versagt, diese Mannschaft würde heute nicht gewinnen.
Michael stand während des Spiels in der Coaching Zone vor der Auswechselbank.
Die Mädchen kämpften, spielten brav und brachten auch die eine oder andere schöne Aktion zustande. Am Ende verloren sie aber doch 2:1. Ohne ein Wort zu sagen, ließ Michael sich von Frank nach draußen bringen. Dort wartete schon sein Bruder auf ihn, kommentarlos stieg Michael ein und fuhr nach Hause. Frank war verzweifelt, er wusste, dass der Weg den Michael mit der Mannschaft ging, ein guter Weg war. Sportlich gesehen hat die Mannschaft durch sein Training enorm profitiert. Auch bei dem Testspiel heute hat die Mannschaft zeitweise den Gegner schwindelig gespielt, durch präzises und schnelles Kurzpassspiel. Frank war sehr beeindruckt davon, wie sehr sich zum Beispiel ihr Star Andrea in den Dienst der Mannschaft stellte. Oder wie gut sich Daniela entwickelt hat, in ihrer Fähigkeit, Passes zu spielen.
Aber Frank war schon zu lange im Geschäft um nicht zu wissen: Solange der Trainer und die Mannschaft kein Team darstellten, solange würde der Erfolg auf sich warten lassen. Er wusste allerdings nicht, wie das zu schaffen wäre. Der Graben zwischen der Mannschaft und Michael wurde von Woche zu Woche tiefer.
Nachdem sie geduscht und angekleidet waren, trafen sich Sabrina, Michelle, Andrea, Sarah und Daniela noch im Cafe neben dem Trainingsplatz. Niedergeschlagen analysierten sie die heutige Niederlage: „Wir hätten heute gewinnen können. Wir waren in keinem Testspiel dem Sieg so nahe wie heute!“ war Andrea überzeugt. Und auch Michelle war dieser Meinung „Ja, wir haben gut gespielt. Da kann Michael sagen was er will, aber wir haben fast alles umgesetzt, was wir im Training geübt haben“ „Ja, und was haben wir davon? Meint ihr, Michael würde das endlich einmal zur Kenntnis nehmen?“ Daniela fing an sich wirklich aufzuregen: „Michael erwartet, dass wir perfekt spielen! Wir werden seine Erwartungen nie erfüllen können, dass muss uns klar sein! Egal wie gut wir sind!“ Sarah unterbrach sie: „Ich will seine Erwartungen auch gar nicht erfüllen. Echt, ich freue mich wenn wir ihn als Trainer los sind, sogar wenn wir erfolgreich wären mit ihm.“ Kurze Zeit war es still, Sarahs Worte hallten in den Köpfen der Spielerinnen nach.
Da meinte Sabrina, die sich bis jetzt im Hintergrund gehalten hat: „Was meint ihr, wie wäre Michael wenn er den Unfall nicht gehabt hat? Frank meinte, er wäre auf eine eigene Art sogar richtig sympathisch gewesen. Trotz seinem unbändigen Ehrgeiz, der Beste sein zu wollen.“ „Sabrina, unser Sensibelchen. Hast du vergessen, wie er dich fertig gemacht hat? Wirst jetzt wohl nicht Mitleid bekommen, nur weil er ihm Rollstuhl sitzt, oder etwa doch?“ spöttelte Daniela. „Komm schon Daniela hör auf. Ich habe eine Idee…“ Sabrina erzählte den anderen davon.

Joe hatte Johann S. die wichtigsten Spielregeln auf der Straße erklärt. Er hatte ihm gesagt, welche Plätze zum Betteln von Alteingesessenen reserviert waren, und bei welchen Wohltätigkeitsorganisationen er Essen bekam. Auch konnte er, wenn er rechtzeitig dort war, bei der Caritas und auch bei der Bahnhofsmission übernachten. Allerdings nur für eine Nacht, und wenn er vor 17.00 Uhr dort war. Alkohol war streng verboten, darum ging er nur hin, wenn er absolut kein Geld erbetteln konnte um Schnaps zu kaufen. Johann S. war der Meinung, es ging ihm eigentlich nicht wirklich schlechter als früher. Solange er genug Geld erbetteln konnte, um dieses dann in Alkohol anzulegen, war er zufrieden.

An diesem Samstag hatte er Glück gehabt, von dem Geld, das er während des Tages bekommen hatte, ging sich ein ordentlicher Rausch aus. Betrunken ging Johann S. durch die spätnächtlichen Straßen der Stadt. Er wusste nicht, wohin in seine Beine trugen, es war ihm auch egal. Er merkte nicht, dass er schon seit längerer Zeit von einem Wagen verfolgt wurde und wenn er es gemerkt hätte, wäre es ihm auch egal gewesen. Selbst wenn er gewusst hätte, was in den nächsten Minuten passieren würde, hätte er den Lauf der Geschichte nicht mehr ändern können.
Die Umgebung wurde immer düsterer. Sogar die Straßenlaternen schienen sich unwohl zu fühlen, einige hatten den Kampf gegen die Dunkelheit schon aufgegeben und waren außer Betrieb. Wenn Johann S. nüchtern gewesen wäre, hätte er die beängstigende Atmosphäre wohl gespürt. An einer der wenigen funktionierenden Straßenlaternen blieb Johann S. stehen. Er hatte ein Geräusch gehört, und drehte sich langsam um. Da sah er auf der Straße einen dunklen VW Passat, der langsam neben ihm zum stehen kam. Das letzte, was Johann S. sehen sollte, war das sich langsam senkende Seitenfenster. Dann durchbrach ein Schuss das Schweigen der Nacht. In der ersten Sekunde sah es so aus, als ob er sein Ziel verfehlt hätte. Nichts geschah. Aber plötzlich taumelte Johann S. zurück, auf seiner Wange war ein roter Fleck erschienen. Sofort brach ein Blutstrom aus der Wunde heraus. Johann S versuchte zu schreien. Aber der Schmerz und der Alkohol verwandelten diesen Versuch in ein Gurgeln, Blut rann seinen Hals hinunter, in seine Luftröhre und verursachte ein grausames Blubbern. Der Schütze aus dem Auto schoss noch einmal. Eine weitere schreckliche Wunde erschien auf Johann S. Schläfe, er brach in die Knie. Johann S wusste nicht einmal, was überhaupt geschah. Sein Gehirn befand sich in einem Schockzustand, der Blutverlust begann, das tödliche Werk des Schützen zu vollenden. Ein dritter Schuss durchbrach den Hals und zerfetze die Arterie. Johann S. wollte den Mund aufmachen, wollte abermals schreien. Aber das Blut in Hals und Atemwege ließ nur ein weiteres, unmenschlich blubberndes Röcheln zu. Er fiel nach hinten, und landete mit einem harten Geräusch am Asphalt. Schnell bildete sich eine immer größer werdende Blutlache um den Körper. So unauffällig wie er Johann S. gefolgt war verschwand der VW in den dunklen Straßen von Wien und ließ den sterbenden Johann S. allein auf der Straße zurück.

Kapitel 7
Als Michael am nächsten Montagnachmittag neben seinem Bruder auf dem Weg zum Trainingsplatz war, hoffte er, dass Frank diesmal pünktlich wäre. Er hasste es, wie bestellt und nicht abgeholt irgendwo warten zu müssen. Dort angekommen, stieg sein Bruder sofort aus, um seinen Rollstuhl aus dem Heck des Wagens zu holen. Während Michael darauf wartete, sah er sich um. Einige Meter entfernt kickten sich zwei Jungs einen Ball hin und her. Kurz dachte Michael an seine Kindheit, er hatte nie unbeschwert Fußball spielen können. Immer stand Leistung im Fordergrund. Mark riss ihn aus den Gedanken: „Hey Mikey-Boy schläfst du kleiner Bruder?“ „Ja, Großer und zwar sehr gut. Warum musstest du mich jetzt wecken?“ kam der Konter von Michael. Er stützte sich mit dem linken Unterarm am Rahmen des Autos, und hielt sich mit der anderen Hand am Rollstuhl fest. Schwungvoll wuchtete er seinen Körper dann aus dem Auto in den Rollstuhl. Von Frank keine Spur, stellte er ärgerlich fest. Nachdem er sich von Mark verabschiedet hat, sah er zum Eingang des Trainingsplatzes und traute seinen Augen nicht. Dort lag eine breite und relativ lange Rampe aus zwei Schalungsbrettern. Langsam fuhr er darauf zu. „Das musste Frank organisiert haben“, dachte er. Ohne Probleme kam er nun selbst in das Innere des Gebäudes, und auf der anderen Seite auf den Platz hinaus. Seine Mannschaft traf gerade dort ein, wie immer pünktlich und schon fertig umgezogen. Plötzlich spürte er eine Hand auf seiner Schulter, die tiefe, beinahe väterliche Stimme von Frank drang an sein Ohr: „Na, Mike wann hast du denn das mit den Brettern arrangiert? Ganz schön schlau, hätten wir auch früher daran denken können, nicht?“ „Hallo Frank! Ich dachte, das mit den Brettern käme von dir? Na egal, wir haben keine Zeit für solchen Kleinkram. Diese Woche startet die Saison“ mit diesen Worten fuhr Michael zur Mannschaft.
Das Training verlief ohne besondere Vorkommnisse. Wieder und wieder wurde das schnelle Kurzpassspiel geübt. Michael war der Meinung, hier dürften keine Fehler passieren. Kurz vor der Pause wollte Daniela entnervt das Handtuch werfen. Passspiel war nie ihre Stärke gewesen, und Michael kommentierte jeden Fehler erbarmungslos. Die nächste Überraschung nach den Brettern beim Eingang kam für Michael, als er auf die Toilette musste. Er hasste das Symbol für die Behindertentoilette, dieser weiße Rollstuhlfahrer auf blauem Grund schien ihn zu verhöhnen. Als er zu der Tür kam, war das Schild weg. Hier stand nur: „Toilette Coach“ und daneben war das Symbol einer kleinen Trillerpfeife. „Was geht hier vor?“ dachte sich Michael. Als er von der Toilette zurückkam, sah er Sabrina und Sarah kichern. „Sollten die Mädels damit etwas zu tun haben? Egal, sich bei ihm einschleimen würde nicht funktionieren! In einer Woche hatten sie das erste von 36 Spielen in dieser Saison. Jedes Spiel wäre ein entscheidendes Spiel, das kann ich nicht weich sein!“ dachte er streng. Er beschloss, sich so zu verhalten als wäre alles wie gehabt.

Doch irgendetwas in Michael veränderte sich. Diese Kleinigkeiten, so schien es, hatten einen Schalter in ihm umgeschaltet, nicht wirklich auf den ersten Blick sichtbar. Je näher das erste Spiel kam, desto mehr verlangte Michael. Doch Michael schonte auch sich selbst nicht, bis spät in die Nacht und den ganzen Tag studierte er die anderen Teams, prägte sich Taktiken der gegnerischen Trainer ein und überlegte sich, wie er seine Spielerinnen am Besten einsetzen konnte. Frank machte sich Sorgen, dass Michael eines Tages einfach umkippen könnte, und wegen Erschöpfung und Schlafmangel einfach Tod sein würde. Es kam vor, dass Franks Handy im 2 Uhr in der Nacht klingelte, und Michael ihn fragte: „Hey Frank, hilf mir mal: Michael Nowak von Union Kleinmünchen hat letzte Saison meistens mit zwei Stürmerinnen gespielt, nicht? Weißt du ob er die beiden immer noch im Kader hat?“ „Mike, weißt du wie spät es ist? Geh schlafen, ich denk morgen drüber nach!“ antwortete Frank, obwohl er wusste, Michael würde nicht schlafen gehen. Michael hatte Frank von den Geistern der Nacht erzählt, er konnte verstehen, wenn Michael nicht zu Bett gehen wollte. Aber er brauchte seinen Schlaf. Besorgt schlief Frank irgendwann wieder ein. Er war sich sicher, Michael würde die benötigten Informationen woanders herbekommen. Wer weiß, ihm war zuzutrauen dass er Mr. Nowak, den Trainer von Union, selbst anrief. Egal wie spät es war.

Heute war Samstag. Heute war das erste Spiel der Saison. Heute würde sich für Michael entscheiden, ob seine Arbeit umsonst war, oder ob er Erfolg hatte. „Nein“, korrigierte er sich in Gedanken, „ob sie, das Team und er, Erfolg hatten“. Er ließ sich nach außen hin diese geänderte Einstellung nicht anmerken. Er dachte, wenn diese Einstellung bekannt werden würde, würde er als weich gelten. In seinen Augen musste ein Trainer hart sein! Nur so konnte er erfolgreich sein!
Nach dem Training rief er seine Spielerinnen zu sich: „So, Mädels, auf diesen Tag haben wir die letzen Wochen hingearbeitet! Vergesst die Testspielniederlagen, vergesst die Fehler im Training und vergesst meine Schelte! Heute beginnt die neue Saison, und diese Saison liegt leer und unbeschrieben vor uns! Wir können jetzt beginnen, die Geschichte dieser Saison zu schreiben. Wird es eine Erfolgsgeschichte, eine Geschichte voller Siege und positiver Überraschungen mit einem Happy End? Oder wird es ein Drama, mit Tiefpunkten und schlimmen Wendungen, und einem traurigen Ende? Wir, nein, ihr habt es in der Hand! Beziehungsweise am Fuß, um genau zu sein! Ich habe jede einzelne von euch genauestens beobachtet, ich weiß war ihr draufhabt, und wo ihr schwächelt! Und ich weiß eines ganz genau: Ihr könnt die Mädels von Bregenz schlagen! Ihr habt das Können und das Talent dazu. Was ihr noch braucht? Den Willen! Und den habe ich euch nicht antrainieren können, der muss in euch sein! Der muss aus euch selbst kommen. Fragt euch: Wollt ihr gewinnen? Wer nicht gewinnen will, hat schon verloren. Also, Mädels, geht jetzt da raus und gewinnt. Nicht für mich, oder für Frank. Sondern für euch! Ich glaub an euch, also tut es selbst auch!“
Die Frauen sahen sich ungläubig an. War das ein Lob? Von Michael? Sie kannten ihn erst sein wenigen Wochen, aber noch nie hatte eine von ihnen ein Lob aus seinem Mund gehört! „Na, was ist? Wollt ihr hier Wurzeln schlagen, oder wartet ihr bis Bregenz vor Langeweile aufgibt? Raus auf den Platz mit euch, aber plötzlich“ herrschte Michael sie an. Er folgte ihnen und fuhr zur Coaching Zone bei den Ersatzbänken. Nun fielen im tausend Dinge ein, die er hätte sagen sollen, die Taktik hätte geändert gehört, Andrea andere Anweisungen bekommen sollen. Aber es war zu spät, der Schiedsrichter pfiff das Spiel an. Michael schloss kurz die Augen, und atmete tief durch.

Sekunden nach dem Anpfiff ertönte vom Spielfeld ein lauter Siegesschrei! Michael riss die Augen auf. Im selben Moment bereute er diese Entscheidung wieder, er sah auf der Anzeigetafel: FC Hütteldorf 0 – Union 1. Entsetzt fragte er Frank, was den passiert sei. Frank schüttelte traurig den Kopf. „Wir hatten den Anstoß, Andrea passte den Ball zu Sandra auf dem linken Flügel. Oder versuchte es zumindest, eine Gegnerin ging dazwischen. Ihr Pass nach vorne erwischte uns in der Vorwärtsbewegung, ihre Stürmerin lief allein auf Sabrina zu und ließ ihr keine Chance!“ „Verdammt, und das nach 30 Sekunden! So eine Scheiße, verflucht noch einmal!“ kam Michael aus dem fluchen nicht heraus. „Andrea! Andrea, hey! Konzentrier dich gefälligst, du bist besser als die Aktion eben! Also zeig das auch! Sabrina, scheiß auf das Gegentor! Aber vergiss nicht, ich will, das es das letzte für heute war!“ Michael schrie über das ganze Feld, so hatte er sich die ersten Minuten bei seinem Comeback in der Fußballwelt nicht vorgestellt! Fieberhaft überlegte er was er nun tun könnte, um das Spiel noch zu retten. Da legte Frank ihm die Hand auf die Schulter: „Mike, denk dran: Jetzt sind die Mädels dran, nicht du! Sie schaffen dass, du weißt dass sie gut sind!“ Widerwillig schüttelte Michael die Hand ab. Jetzt galt es, alle Aufmerksamkeit auf das Spiel zu konzentrieren. Wenn sie das Spiel wegen diesem Tor verlieren würden, würde er sich nie verzeihen dass er während der ersten entscheidenden Sekunden die Augen geschlossen hatte! Das durfte ihm einfach nicht passieren!
Verbissen sah er, wie seine Mädels das Spiel immer besser unter Kontrolle bekamen. Beinahe alle Pässe fanden ihren Abnehmer, die Gegnerinnen liefen meist nur dem Ball hinterher. Ja, er war stolz auf das, was sein Team in den wenigen Wochen der Vorbereitung geleistet hat. Aber alles zählte nicht, wenn sie heute nicht zwei Tore schossen. Für Michael zählte nur der Sieg! Bei einem Freistoß nahe des gegnerischen Strafraums sah er den Ball schon im Tor. Doch er zischte an der Querlatte vorbei. Dann entwischte Michelle der Verteidigung von Union, aber sie scheiterte an der Torstange. Michael traute seinen Augen nicht, zwischen der 30 und der 40 Minute hatte seine Mannschaft 4 oder 5 hochkarätige Torchancen. Doch als Halbzeitpfiff ertönte, stand es immer noch 0:1. Michael war verzweifelt, er wusste nicht, was er den Frauen jetzt sagen sollte. Die Mannschaft verschwand in der Kabine, Michael folgte ihnen zögernd. „Also, ich weiß nicht was ich euch sagen soll: Ihr spielt großartig, macht einfach weiter so! Wenn ihr sie weiter so unter Druck setzt, werden auch noch Tore fallen! Aber vergesst nicht, weiterhin konzentriert zu passen! Keine unnötigen Ballverluste, ihr habt in der ersten Minute gesehen was passieren kann! Solange wir den Ball halten, kann Union kein Tor mehr schießen! Klar soweit?“ Mit diesen Worten ließ er seine Mannschaft allein.

Die zweite Halbzeit begann beinahe so, wie die erste. Eine kleine Unachtsamkeit von Daniela, eine Spielerin von Union konnte ihr den Ball abnehmen und schoss aufs Tor. Doch Sabrina rettete mit einer tollen Parade. Michael biss sich vor Nervosität in die geballte Faust! Dann begann seine Mannschaft wieder mit dem schönen Spiel nach vorne, erarbeitete sich Chancen um Chancen. Aber so sehr sie sich auch anstrengten, es wollte einfach kein Tor fallen. Plötzlich, schon in der achtzigsten Minute, kam Michelle im Strafraum von Union zu Fall! Michael wäre am liebsten aufgesprungen, „Elfmeter!“ schrie er, deutete auf den Schiedsrichter. Der hatte die Aktion genau gesehen, und deutete auf dem Elfmeterpunkt. Michael fiel ein Stein vom Herzen, das würde die Wende bedeuten. Doch als er Daniela und Andrea beim Elfmeterpunkt diskutieren sah, wusste er sofort was los war. Er hatte vergessen, einen Elfmeterschützen für genau diesen Fall zu benennen. Fieberhaft überlegte er, in den nächsten Sekunden musste eine Entscheidung her, oder die Situation würde eskalieren. „Andrea, Daniela“ rief er. Beide schauten kurz auf in seine Richtung „Sarah wird schießen? Und jetzt los, weiter geht’s, Konzentration“ Michael hat die Entscheidung aus dem Bauch heraus getroffen, aber er wusste, dass Sarah einen sehr präzisen, harten Schuss hatte. Es war klar, dass er weder Andrea noch Daniela schießen lassen konnte. Später konnte er dieses Problem immer noch lösen!
Als Sarah zum Elfmeter anlief, hatte Michael plötzlich das Bild vor Augen, dass der Schuss daneben gehen würde, und sie das Spiel am Ende verlieren würden. Er biss sich auf die Lippe, nein, das durfte nicht passieren! Michael schloss die Augen. Sarah lief an, und knallte den Ball in die linke Ecke des Tores. Die Torfrau von Union war noch in diese Richtung unterwegs, sie streckte ihre Arme zum Ball. Aber der Schuss war zu hart, das Tornetz bauschte sich auf. Dann der Pfiff des Schiedsrichters. 1 : 1, endlich! Michael riss die Augen auf, er konnte es nicht glauben. Sarah blickte zu ihm hinüber, Freudentränen rannen über ihr Gesicht. Sofort legte die Mannschaft den Ball auf den Punkt in der Mitte, jetzt blieben noch genau 10 Minuten für das zweite Tor. Michael wollte unbedingt einen Sieg. Torchancen hatte es in diesem Spiel schon genug gegeben, sein Team hatte sich einen Sieg verdient! Michael wechselte die erst 17-jährige Claire für Sandra ein, eine Stürmerin für eine Mittelfeldspielerin. Dieser Wechsel sollte sich schließlich bezahlt machen, in der 91 Minute kam der ideale Pass von Claire auf Michelle, die das Tor zum 2:1 schoss. Bei Michael brachen alle Dämme, auch einige der Mädels brachen in Tränen aus. Es waren Tränen der Freude. Der Schiedsrichter ließ den Anstoß nach dem Tor noch ausführen, und Pfiff dann sofort ab. „Sieg!“ hallte es in Michaels Kopf wider. Endlich wieder den süßen Geschmack des Triumphes schmecken, den verdienten Lohn für hartes Training empfangen. Ja, das Team hatte absolut verdient gewonnen. Aber das war erst der Anfang. Noch während der Gratulationen und Umarmungen der Spielerinnen sah er Bilder vor seinem Auge, die Meisterschaft, der Europacup. Michael hat sich nie mit Mittelmäßigkeiten zufrieden gegeben, das würde er auch jetzt nicht! Und mit dieser Mannschaft war viel möglich, das wusste er.

Das schrille Kreischen der Kaffeemaschine riss Elisabeth Brandt aus ihren Gedanken. Nein, sie würde sich nie an dieses Geräusch gewöhnen, obwohl sie diese neue Espressomaschine schon seit zwei Jahren im Büro stehen hatte. Das war auch etwas, was Brandt nie verstehen würde: Da schaffte es die Menschheit durch technologischem Fortschritt, DNA zu analysieren, in den Weltraum zu fliegen und zu klonen. Aber eine wirklich LEISE Espressomaschine mit Mahlwerk wurde noch nicht erfunden. Das wären die Erfindungen, die die Welt benötigen würde.
Brandt sah auf zu ihrem Kollegen Alexander Bullhaupt. „Lass mir bitte auch eine Tasse Kaffee runter, Alex, ich brauch das jetzt um im Kampf gegen die Aktenberge bestehen zu können“ bat sie. Bullhaupt grinste: „Zu Befehl, Chef, kommt sofort.“ Brandt wollte etwas erwidern, schnaubte dann aber nur verärgert. Sie hasste es, wenn jemand „Chef“ zu ihr sagte. In ihren Ohren hörte sich das so abwertend an. Natürlich, sie war Alexanders Vorgesetze, aber sie hatte immer das Gefühl, sich selbst jeden Tag neu beweisen zu müssen.
Brandt wandte sich wieder den Akten der letzen Fälle zu. Sie hasste es, wenn sich die Büroarbeit von einigen Wochen so ansammelte. Aber meistens wurde der Papierkram von Alexander und Ernst nur von einer Seite des Büros auf die andere geräumt, bis sich jemand darüber erbarmt. Sie hatte ihnen schon hundertmal gesagt, wenn sie die Schreibarbeit gleich erledigen würden, bevor sie sich ansammelt, würde es schneller und effektiver gehen.
Wien war in den letzen Wochen überraschend ruhig. Ein paar kleinere Fälle von Nationalsozialistischer Wiederbetätigung, die sie an die Bundeskriminalpolizei weiterleiteten, eine schwere Körperverletzung wegen Eifersucht und eine Vermisstenmeldung, die sich schließlich als Irrtum herausstellte. Eine Frau vermisste ihren Ehemann, der allerdings nur ein paar Tage aufs Land gefahren ist, ohne es jemandem mitzuteilen.
„Den würde ich doch sofort in den Wind schießen““ dachte sich Brandt, „kein Fall für die Polizei, sondern für den Scheidungsanwalt“

Das Team - Kapitel 1 - 4

Kapitel 1
„Nun komm schon Mike das ist deine Chance! Bitte lass mich nicht hängen! Wir brauchen dich! Hey, hörst du mir überhaupt zu?“ Kurz davor die Nerven zu verlieren, nahm Frank noch einen Schluck Bier. „Hä? Was hast du gesagt, Frank?“ Michael trank sein Bier mit einem großen Schluck aus, und winkte der Kellnerin, noch eines zu bringen.
„OK, ich erkläre es dir noch einmal. Die Mädels des FC Hütteldorf haben es echt drauf, das sind klasse Fußballerinnen.“ „Ja, eh klar, darum schaffen sie Jahr für Jahr gerade mal so eben den Klassenerhalt. Komm schon Frank, das ist eine miese Truppe, die schlechten Fußball spielt! Du weißt das, und ich weiß das.“ Michael fing an, sich aufzuregen.
„Nein, Mike, du liegst falsch. In deinen Augen spielen alle Fußballer mies. Aber ich habe sie spielen gesehen, mit einem guten Trainer ist nach oben hin alles drin. Auch der Meistertitel!“ Frank wusste, wenn Michael sich aufregte war er für keine Argumente mehr zu haben. Aber vielleicht konnte die Chance auf einen Meistertitel ihn umstimmen.
„Meister, Frank ja genau. Österreichischer Meister im Frauenfußball genau das, wovon ich immer schon geträumt habe! Warum rede ich überhaupt noch mit dir, das ist doch alles Zeitverschwendung. Meister im Frauenfußball, warum dann nicht auch noch eine Mannschaft bei der Europameisterschaft im Sackhüpfen trainieren! Echt, nein danke Frank, es ist mir total egal, was mit diesen Frauen passiert, sollen sie doch absteigen. Und du, lass mich bitte endlich in Frieden mit deinen Ideen, ich bin kein Fußballer mehr, ich bin überhaupt nichts mehr!“ Wütend fuhr Michael mit seinem Rollstuhl ein bisschen vom Tisch zurück und deutete nach unten: „Ein Krüppel, das bin ich, Frank! Also hör auf mir ständig irgendwas einreden zu wollen, OK? Lass mich allein. Verschwinde einfach, OK. Hau ab.“
„Mike, ich kenne dich nun schon, seit du damals als 4-jähriger bei mir Fußball spielen wolltest! Du hast mehr Ahnung von Fußball als sonst jemand mit 25 Jahren. Du hast unter den besten Nachwuchstrainern gelernt. All das vergisst man nicht so einfach! Wir brauchen dich wirklich! Ich bitte dich nur, dass du noch einmal darüber nachdenkst. Wir trainieren Montag, Mittwoch und Donnerstag ab 17.00 Uhr und Samstag ab 9.00 Uhr. Du weißt, wo wir sind, ja?“ Frank legte 20 EUR auf den Tisch und verabschiedete sich von Michael: „Der Abend geht auf meine Rechnung. Aber trink nicht zu viel, ja. Bitte!“
Michael starrte nur wortlos vor sich hin. Kurz überlegte er, ob er sich wieder einmal besaufen sollte. Frauenfußball, also ehrlich. War ja beinahe so schlimm wie alkoholfreies Bier oder ein Vegetarisches Gyros.
Als Michael kurz danach aufbrach, begann es zu regnen. Er verfluchte den Regen, Gott, Frank und überhaupt die ganze Welt. Zum Glück wohnte er nur zwei Häuser weiter, viel mehr hätte er bei dem Regen mit dem Rollstuhl nicht geschafft. Die Nässe macht die Antriebsräder rutschig, und gerade im Sommer hatte Michael seine Handschuhe oft nicht dabei. Michael kämpfte sich durch die Straßen nach Hause.
Auch wenn er Frank gegenüber gesagt hatte, der Fußball sei für ihn tot, so verfolgte er doch jedes Spiel im Fernseher live. Auch las er viele Sportzeitschriften, um immer auf dem aktuellen Stand zu sein, was im Österreichischen aber vor allem im Internationalen Fußball gerade so läuft. Welcher Spitzenspieler wohin wechselt, und welcher Verein gerade wieder ein Megatalent verpflichtet hat.
Ja, die Chance wieder dabei zu sein, beim Fußball Business, reizte Michael schon. Auch wenn es nur Frauenfußball war, Amateure. Vielleicht erkannten dann andere seine Qualitäten als Trainer. Er könnte dann die UEFA Trainerlizenz machen, und wer weiß. Vielleicht erinnert sich einer der Talentescouts von AC Milan oder FC Liverpool an ihn, und sie verpflichten ihn. Natürlich zuerst nur als Nachwuchstrainer, aber da wären dann ja alle Chancen offen. Es würde sich hier ein Weg zurück an die Spitze bieten. Wenn nur ...
„Sei kein Narr!“ riss er sich selbst aus seinen Träumen! „Wo hat man schon von einem Klub gehört, der einen Krüppel als Trainer hatte! So ein Schwachsinn“ Nein, er würde am Montag sicher nicht dort sein. Das würde nur Träume wecken, Träume, die er sich selbst nicht mehr zu träumen erlaubte!

Johann S. war verzweifelt! Der zuständige Beamte hatte ihm gesagt, dass er ab nächstem Monat seine Wohnung verlieren würde. Wohin sollte er denn dann? Klar, er hat schon ewig nichts mehr dafür bezahlt. Es war ja immerhin eine Sozialwohnung. Seine Sozialhilfe für diesen Monat hat er wie immer schon nach kurzer Zeit versoffen. Das Geld für den restlichen Monat bekam er meist von Verwandten, die Mitleid mit ihm hatten. Aber auch dieses Geld wurde immer weniger. Sind alles solche Egoisten, denken nur an sich selbst! Nun hat er begonnen, zu betteln. Allerdings mit mittelmäßigem Erfolg, noch sah er nicht fertig genug aus. Noch hatte er Kleidung, die nicht total zerschlissen war, und auch seine Haare wirkten noch zivilisiert. Aber das würde die Zukunft von selbst erledigen. Zumindest das war klar. Wo sollte er nun für heute Abend Geld für sein Bier organisieren. Er dachte auch schon an stehlen, aber er hatte keine Ahnung wie man so etwas macht. Er hatte Angst davor, erwischt zu werden, er hatte von den Zuständen im Gefängnis gehört. Dort konnte er sich nicht regelmäßig besaufen, nein, das war nichts für ihn.
Nun, er würde sich für den Anfang einmal vor den Stephansdom setzen, vielleicht hatte er ja Glück. Dort viel immer wieder mal das eine oder andere 10 Cent Stück ab.

Kapitel 2
Montag, um 16.50 Uhr wartete Michael nervös vor dem Trainingsplatz auf Frank. Sein Bruder Mark hat ihn hingefahren, aber Michael fragte sich ehrlich, warum er sich nun dazu entschieden hat, hier zu sein. Er wird sich die Mädels heute ansehen. Weil Frank ihn darum gebeten hat. Aber dann wird er ihnen absagen müssen. Denn wenn Michael eines nicht leiden konnte, dann mittelklassiges Fußballspiel. Das hat er sich selbst gelten lassen, und das lässt er heute bei anderen noch weniger durchgehen. Wenn er im Fernseher Spiele verfolgt, wo Spieler ohne 120%tigem Einsatz und absolutem Siegeswillen spielen, schimpft er so laut dass sich seine Nachbarn früher immer aufgeregt haben. Früher. Mittlerweile haben sie sich daran gewöhnt. Überhaupt ist Michael aufgefallen, dass ihm seine Nachbarn neuerdings immer aus dem Weg gingen. Ihm machte das nichts aus, immer, wenn er ihnen begegnete sah er das Mitleid in ihren Augen. Mitleid mit ihm, als ob Mitleid ihm irgendetwas bringen würde.
Also, später am Abend würde er in seiner Stammkneipe sitzen, und darauf trinken dass es das schon wieder gewesen ist, mit seiner Trainerkarriere! Karriere, allein der Gedanke daran war lächerlich. Seine Karriere endete vor Jahren, auf den Straßen von Wien! Gedankenverloren beobachtete Michael die wenigen Wolken am Himmel.
„Mike, hey schön dass du da bist. Wirklich, endlich mal eine positive Überraschung an einem Montag.“ Frank umarmte Michael überschwänglich. „Nun komm, ich will dir die Damen vorstellen. Du kannst dir nicht vorstellen was die draufhaben. Ich weiß, du hast deine Zweifel, vor allem was den Frauenfußball angeht. Die hatte ich ja auch, damals, als ich von den Nachwuchsmannschaften hierher gewechselt habe. Aber genug geredet, komm ich stelle dir die Mannschaft vor“
Gemeinsam gingen sie zum Eingang des Trainingsplatzes. Der Durchgang führte durch ein Haus mit den Umkleidekabinen. Als Michael die Tür sah, wollte er am liebsten sofort wieder umkehren! Zwei Stufen. Auch das noch! Für Frank war das natürlich kein Problem, sofort drehte er sich zu Michael um, damit er ihm über die Stufen helfen kann. Jetzt konnte Michael natürlich auch keinen Rückzieher mehr machen. Aber er würde sicher nicht mehr wieder kommen. Denn hier an dem Trainingsplatz haben sie dann sicherlich auch keine Behindertentoilette, oder ähnliche Einrichtungen.
„Nein“ dachte Michael bei sich „ich bin garantiert das erste und das letzte Mal hier“
Am Trainingsplatz wartete schon die Mannschaft. Als Michael die Frauen sah, bemerkte er bei der einen oder anderen einen geschockten Gesichtsausdruck. Gut, er wusste wie er auf Mädchen reagierte. Seit dem Tag damals hat er sich ziemlich gehen gelassen. Er hatte lange, etwas zu selten gewaschene Haare und hatte meist mindestens einen Vier-Tages-Bart. Die zwei Narben quer über sein Gesicht, und die etwas schief sitzende Nase erledigen das übrige, um ihn wirklich erschreckend aussehen zu lassen. Andenken an den Unfall damals, genauso wie der Rollstuhl. Er konnte sich nicht vorstellen, dass diese Mannschaft ihn als Trainer überhaupt akzeptieren würde.
Frank übernahm gleich das Kommando: „Also, meine Damen das ist Michael Neurauter. Er war mal mein Schüler, was Fußball betrifft. Aber ziemlich schnell hat er nicht nur technisch mehr drauf gehabt, als jeder den ich kenne, sondern hatte bald überhaupt mehr Ahnung von Fußball als ich.
Michael, darf ich vorstellen, der Erste FC Hütteldorf“ Mit der rechten Hand einen Gruß andeutend sah sich Michael jede einzelne genau an. Er hatte sich auf der Internetseite schon die Namen der einzelnen Spielerinnen eingeprägt. Da war Andrea, der absolute Star der Mannschaft eine klassische Nummer 10. Jemand der das Spiel organisierte. Sie hatte auch schon einige Spiele in der deutschen Nationalmannschaft hinter sich, sie war also vielleicht gar nicht so schlecht. Sah auch gar nicht schlecht aus, wie Michael in Gedanken anmerkte. Und Sabrina, die Torfrau. Michael dachte bei sich: „Na OK, so wie die aussieht füllt sie das Tor beinahe allein durch ihre Anwesenheit aus“. Und Michelle, eine kleine, wendige Stürmerin. Sarah, die Abwehrchefin. „Der möchte ich auch nicht im Dunkeln begegnen.“ Daniela, der Kapitän. Eingesetzt im defensiven Mittelfeld. „Eine richtige Abräumerin vor der Abwehr, scheint auch nur aus Muskeln zu bestehen. Also kurz gesagt, im Endeffekt alles Mittelmaß, keine Chance auch nur einen Blumentopf zu gewinnen“, brach Michael die stille Bestandsaufnahme im Kopf ab. Er deutete Frank, dass er kurz unter 4 Augen mit ihm reden wollte. Als sie gemeinsam in der Umkleidekabine waren, sagte Michael: „Keine Chance, diese Weiber können froh sein wenn sie heuer nicht absteigen. Da mache ich nicht mit, Frank! Bei aller Freundschaft, aber vergiss es, OK. Ich meine, da könnte ich gleich in meine Kneipe gehen, und 11 beliebige Alkoholiker holen. Die würden wahrscheinlich besser Fußball spielen. Denen müsste ich zumindest nicht zuerst erklären dass das runde Ding der Ball ist!“
Verärgert schüttelte Frank den Kopf „Ich bitte dich nur darum, dass du ihnen eine Chance gibst. Du urteilst über sie, bevor du gesehen hast was sie drauf haben. Sieh dir bitte heute das Training an, und wenn du dann immer noch der Meinung bist, werde ich nie wieder darauf zu sprechen kommen. OK?“ Michael zögerte: „OK, aber das gilt dann auch, ja!“ Michael hoffte nur noch, dass das Training möglichst schnell vergehen würde, damit er wieder in seine Kneipe und vor allem zu seinem geliebten Bier kam.
Während des Trainingstages sorgte Frank dafür, dass die Spielerinnen sich wirklich ins Zeug legten. Insgeheim freute er sich, wenn Andrea einen wunderbaren technischen Trick vorführte, oder wenn Sabrina im Tor einen unmöglich scheinenden Ball herausfischte. Immer wieder sah er zu Michael hinüber, aber der verzog keine Miene. Grimmig beobachtete er den Verlauf des Trainings. Plötzlich schrie Michelle vor Schmerzen laut auf, wälzte sich am Boden: „Du blöde Kuh, pass doch auf!“ schrie sie in Richtung Daniela. Diese war ihr zuvor mit einem sehr brutalen Einsatz gegen den Knöchel gerutscht. Das war die einzige Situation des Abends, die Michael zumindest die Andeutung eines Lächelns entlocken konnte. Frank schickte beide Frauen vorzeitig zum Abkühlen unter die Dusche.
Nach der Pause absolvierte er mit dem Team noch ein kleines Trainingsspiel. Er war sehr zufrieden damit, wie sich seine Mannschaft präsentiert hat. Aber er befürchtete beinahe, dass es Michael nicht umstimmen konnte. Beinahe gelangweilt fragte er Frank: „War es das dann? Oder kommt da noch was?“ Mit einem traurigen Nicken entließ Frank die Mannschaft in die Duschen. „Soll ich dich heimfahren?“ fragte er Michael. „Nein, mein Bruder holt mich ab, danke. Also ich bin dann mal weg, wir sehen uns mal wieder auf ein Bier, OK?“ Michael war schon auf dem Weg nach draußen, da lief Frank ihm nach: „Warte, Mike, ich helfe dir über die Stufen“. „Ja, und dann kannst du mich auch gleich noch füttern und zu Bett bringen! Wie ich das hasse!“ ätze Michael. Frank ging nicht darauf ein, er hatte sich an die bissigen Kommentare von Michael gewöhnt. Er wusste, dass er es hasste, abhängig zu sein. Das war schon immer so, auch als er ihn noch in der Jugendmannschaft trainiert hatte. Als sie draußen waren, sah er schon den schwarzen Audi von seinem Bruder Mark. „Also nochmals, tschüss. Und wenn du es dir doch noch anders überlegst, bis übermorgen!“ Ohne ein Wort zu sagen, rollte Michael zu seinem Bruder.

Gestern ist es mit Betteln ganz gut gelaufen, ein paar Bier waren dann später noch drin. Aber Johann S. war aus einem anderen Grund guter Dinge: Später am Abend gestern hatte er Joseph, einen alten Freund getroffen. Der lebt schon länger auf der Straße. Als Johann S. dem Seppl sein Leid geklagt hat, meinte er, er werde sich um ihn kümmern. Um diese Aussage zu bekräftigen, hat er ihm dann auch gleich einen oder zwei kräftige Schlucke Schnaps aus seiner Flasche angeboten. Damit sah die Welt gleich nicht mehr so bedrohlich aus. Ja, er, Johann S. hatte schon Glück. Dieser Stadtmagistratsbeamte konnte ihm gar nichts anhaben. Soll er ihm doch die Wohnung wegnehmen. Er hatte ja Freunde. Er, Johann S., war ein Glückspilz. Er hatte Joseph gefragt, ob er nicht noch einen Schluck haben könnte. Dieser meinte, ist nicht mehr viel drin in der Flasche, aber er könnte sie haben. Tja, Glückspilz eben! War immer schon so gewesen.

Kapitel 3
Mittwoch, pünktlich um 16.50 Uhr war Michael wieder vor dem Trainingsplatz. Mark hatte ihn wieder mitgenommen. Sein Bruder war sehr verwundert, dass Michael nun schon wieder dort hin fährt. In den letzten Jahren kam es nicht oft vor, dass Michael an zwei von drei Tagen das Haus verließ. Außer, um zu seiner Kneipe zwei Häuser weiter zu kommen. Nun, wenn das nun öfter vorkommen würde, müsste er mit Michael wieder einmal wegen einem Auto reden. Das Geld hätte er schon länger zur Seite gelegt aber bis jetzt war Michael immer der Meinung: „Ein Krüppel braucht kein Auto, basta! Nein, kein Interesse! Würde ja sowieso nur herumstehen.“
Als Michael das freudig überraschte Gesicht von Frank sah, meinte er gleich zu ihm: „Nein, freu dich nicht zu früh. Ich bin nur heute noch da, um es mir mal genauer anzusehen. Ich bleib bei meiner Meinung, das ist nichts für mich!“ „Nein, natürlich Mike, dachte ich gleich als ich dich sah“ grinste Frank. „Komm, ich bring dich zu deiner Mannschaft. Klar, ich weiß: Aber für heute ist es deine Mannschaft“
Michael wusste nicht wirklich, wo er anfangen sollte. Er hatte noch nie eine Mannschaft trainiert. Aber er wollte zumindest an diesem einen Tag 120 Prozent geben. Wie früher, als er noch selbst spielte.
Als die Mannschaft um 17.15 endlich am Platz versammelt war, meinte er: „So, für heute werde ich euer Trainer sein. Sollte ich irgendwann wieder einmal hier stehen, als Trainer, dann erwarte ich dass ihr um 17.00 Uhr hier versammelt seid! Denn das ist der Trainingsbeginn, 17 Uhr! Nicht fünf Minuten nach 17 Uhr, oder zehn Minuten nach 17 Uhr, oder zwanzig Minuten nach 17. Uhr!
Ich erwarte für den heutigen Tag 120 Prozent Einsatz, von jedem von euch! Und das sage ich nicht nur so, wer nur 110 Prozent gibt, kann Duschen gehen. Klar soweit? Wer meint, ich bin gemein, kann auch Duschen gehen. Wer mich nicht leiden kann, ebenfalls. Ihr müsst mich nur heute ertragen, dann seht ihr mich nie wieder. Klar soweit? OK, fangen wir an. 15 Runden um den Platz laufen, ich stoppe die Zeit. Los geht’s.“
Die Mannschaft war sich einig, der Trainingstag war der brutalste Tag den sie je hatten. Michael gönnte ihnen kaum eine Pause, er war mit ihnen genau so unbarmherzig wie er es in seiner aktiven Zeit mit sich selbst gewesen ist.
Michael machte sich über den Laufstil von Sarah lustig („Wie eine Ente“), riss Witze über die Figur von Sabrina („aus dir könnte man zwei Torfrauen machen“), und machte anzügliche Bemerkungen zu Andrea („klar, dass die Frau mit Bällen umgehen kann, bei dem Vorbau“).
Jede Einzelne beschwerte sich bei Frank. Michael wäre ein absolutes Ekelpaket, einfach nur unverschämt. Sie hofften, dass er wirklich nie wieder käme. Und dass Frank, wenn er wieder kommen wollte, ihm das ausreden muss! Nein, sie würden nicht unter Michael trainieren.
Sabrina hatte zweimal zu weinen begonnen, und wurde von Michael vorzeitig unter die Dusche geschickt: „Weichei“ war sein einziges Kommentar dazu. Frank hat Sabrina getröstet und gemeint: „Sei bitte nicht so hart zu ihm. Er meint das echt nicht so. Michael war nicht immer so wie er jetzt ist! Du musst Geduld mit ihm haben!“
Aber Sabrina half das in der Situation natürlich wenig.
Als Frank und Michael am Abend bei einem Bier zusammen saßen, sagte Frank: „Michael, es war echt nicht nötig, dass du so gemein bist! Auch wenn du es dir manchmal nicht vorstellen kannst, aber andere Menschen haben Gefühle, die du echt verletzt.“ Michael antwortete nicht. „Aber sag, wie findest du die Mädchen?“ „Was heißt da gemein? Am Fußballplatz wurden mir noch viel schlimmere Dinge gesagt, da wird man nicht mit Samthandschuhen angefasst. Nein, Frank, dass müssen Fußballspieler aushalten. Ich sehe durchaus bei der einen oder anderen Potential. Vor allem Andrea die ist technisch sehr gut drauf“ Frank schüttelt den Kopf: „Ja, das weiß ich. Aber schau nicht immer nur auf Andrea, ja, tu mir den Gefallen. Ich sehe doch, dass du nicht nur von ihrem technischen Können beeindruckt bist! Auch Michelle ist zum Beispiel technisch sehr stark, kaum vom Ball zu trennen.“
Michael überging diese Anmerkung, leerte sein Bier und winkte der Kellnerin. Bevor er allerdings seine Geldtasche geholt hat, legte Frank das Geld auf den Tisch. „Geht auf mich, Mike. Wir sehen uns Mittwoch?“ „Du weißt, was wir ausgemacht haben, Frank! Das war das erste und letzte Mal! Also, gute Nacht, alter Freund. Und bis irgendwann!“ Doch Frank verließ das Lokal siegessicher. Michael würde hier sein. Er kannte ihn, jetzt hatte ihn der Ehrgeiz gepackt. Michael und Fußball, das gehörte zusammen, seid, ja eigentlich immer schon seid Frank ihn kannte! Der Unfall hatte natürlich vieles geändert, aber nicht alles!
Michael verstand sich selbst nicht. Er wusste, dass er morgen wieder auf dem Platz sein würde. Alles in ihm sträubte sich dagegen, aber er würde da sein. Er würde Frank und den Mädels beweisen, wie schlecht das Team ist. Und wenn das Wunder geschehen würde, wenn die Mannschaft sportlich erfolgreich sein würde, nun dann wäre das natürlich auf sein immer noch vorhandenes überragendes Talent zurück zu führen. Auf jeden Fall konnte er nur gewinnen. Mit diesen Gedanken ging Michael zu Bett.

Am nächsten Morgen um zehn vor fünf stand Michael vor dem Platz, Frank war heute schon da. Er begrüßte Michael mit einem Lächeln und meinte: „Grüß dich, das ist aber eine Überraschung“. Michael sagte nur kurz: „Bist du ruhig? Nur mehr heute, ja! So, und jetzt gehen wir rein!“
Mit einem „Na, vielleicht seid ihr doch noch zu was fähig“ registrierte Michael, dass die Mannschaft um Punkt 17.00 Uhr am Platz stand. „Start wie gehabt, 15 Runden Vollgas, auf geht’s. Aufgewärmt seid ihr ja schon, hoffe ich“ Einige der Frauen schüttelten den Kopf, einige verärgerte Blicke trafen Frank, die meisten allerdings gingen in Richtung Michael.
Kurz vor der Pause meinte er zu Andrea: „Hey Andrea, wenn die anderen zur Pause gehen, bleib noch kurz da, ja!“ „OK, Coach“ kam die nicht gerade begeisterte Antwort. Sabrina und Daniela schauten missmutig zu Andrea. Frank registrierte es mit einem sorgenvollen Blick. Er hoffte, dass er da nicht zu viel hinein interpretierte. Aber bei Michael weiß man nie, was er jetzt wieder vorhat.
„OK, Pause Abmarsch meine Damen, 15 Minuten Pause und dann geht es weiter“ Andrea ging ohne besondere Eile auf Michael zu. Sie hatte schon bemerkt, wie er sie angesehen hatte. Wollte er jetzt ein Date mit ihr ausmachen?
„Also Andrea, du bist mit Abstand die beste Spielerin in diesem Team. Du wirst ab sofort Kapitän. Das heißt, dass du noch mehr geben wirst, als bisher, soweit klar?“ Michael verstärkte seine Worte mit einer klaren Handbewegung.
Andrea war verblüfft: „Aber Daniela …“ „Vergiss Daniela, die könnte irgendwo auf einer Baustelle einen Job bekommen, dort wäre sie besser aufgehoben. Keine Diskussion, vorerst natürlich nur für die zweite Hälfte des Trainings bist du Kapitän. Morgen bin ich eh nicht mehr da. So, jetzt hast du noch genau 11 Minuten für deine Pause. Verzieh dich, Süße“ Andrea blieb vor lauter Überraschung die Luft weg, sie konnte nicht einmal mehr auf das „Süße“ reagieren, da war Michael schon weg. Aber das würde sie nicht auf sich sitzen lassen. Andererseits, als Kapitän könnte sie die Mannschaft vielleicht endlich auf Kurs bringen. Sie war schon lange der Meinung, dass Daniela einen schlechten Job als Leader der Mannschaft macht. „Mal abwarten, was das gibt“ dachte Andrea bei sich.
Während dessen haben Daniela und Sabrina ihre aufgestaute Wut bei Frank abgelassen.
Daniela fuhr in an: „Ich bin der Kapitän der Mannschaft, und mit mir hat er noch kein Wort geredet. Nein, das erste Einzelgespräch führt er mit Frau Ich-bin-so-schön Andrea.“ Und Sabrina setze nach: „Frank, ich kann nicht unter ihm trainieren. Heute hat er wieder gemeint, dass sie vor dem Tor den Rasen verstärken müssten, wegen meinem Gewicht. Echt, ich will nicht mehr“ Frank merkte, dass Sabrina wieder den Tränen nahe war. Und eigentlich verstand er die beiden auch. Das erste Mal kamen ihm Zweifel. Vielleicht war es doch keine so gute Idee, Michael als Trainer zu holen. Andererseits, in einem Punkt hatte er ja Recht: Auf dem Platz müssen die Damen auch einiges aushalten. Er beschloss, noch etwas zu warten, und noch nicht einzugreifen. Michael und das Team werden sich schon aneinander gewöhnen.
Doch einige Minuten später waren die Zweifel wieder da. Michael verkündete trocken: „Ach übrigens, Andrea ist ab jetzt Kapitän. Das heißt, sie wird dafür sorgen, dass meine taktischen Anweisungen am Platz befolgt werden. Wer nicht spurt, wird ausgewechselt!“
Nicht nur Daniela war schockiert, als Michael das sagte. Frank ahnte Schlimmes, wenn Michael wirklich vorhat, sein Versprechen umzusetzen, würden sie keine 11 Frauen für ein Match zusammen bekommen.
Später wurde Michael wieder durch seinen Bruder Mark abgeholt. Frank blieb noch auf dem Trainingsgelände, und sah dort Daniela, Sabrina, Sarah und einige andere Mädels zusammen sitzen. Er wusste, er sollte besser nicht hingehen, aber er tat es trotzdem. Wie erwartet fielen die Frauen über ihn her: „Frank, wie konntest du nur? Dieser Michael ist ein Arschloch, bitte schmeiß ihn raus!“ „Du meinst, dass wir mit ihm besser werden? Nie im Leben, ich reiß mir für Andrea als Kapitän kein Bein aus“. „Frank, wenn das so weitergeht, werde ich aufhören Fußball spielen. Das ist es mir nicht wert“
Frank wusste, dass der Zorn echt war, die Frauen waren von Michael wirklich verletzt worden. Aber er war der Präsident des Klubs, und damit war die Trainerentscheidung seine Sache.
„Ich kann euch ehrlich verstehen. Sabrina, dir habe ich es ja schon einmal gesagt, er war nicht immer so. Früher war er zwar absolut ehrgeizig und auf sein Ziel ausgerichtet, aber er war immer ein wirklich positiver Mensch. Auf eine ihm eigene Art war er sogar liebenswert, bis zu dem Tag, damals“
Daniela schüttelte den Kopf, fragte aber: „Was ist den passiert, dass er im Rollstuhl sitzt?“
„Autounfall, sehr tragische Geschichte. Ein alkoholisierter Lenker überfuhr mit überhöhter Geschwindigkeit ein Stoppschild. Mike hatte keine Chance. Dem anderen Fahrer passierte überhaupt nichts“. Verbitterung sprach aus der Stimme von Frank. „Das hätte nicht passieren dürfen! Dieser andere Fahrer hätte tot sein müssen oder im Rollstuhl oder sonst wo! Aber nicht Michael! Nicht Mike! Er wäre einer der ganz Großen geworden!“
„Was geschah nach dem Unfall?“ fragte Sabrina.
„Nun, dass ist eine lange Leidensgeschichte“ meinte Frank.

Jeder, der Johann S. kannte, war schockiert über sein Leben. Er war Ende Dreißig, in der Blüte seiner Jahre, und sah aus wie Ende Fünfzig. Seit vielen Jahren schon war er schwerer Alkoholiker, aber sein Leben war eigentlich von Geburt an vorgezeichnet. Der Vater ist davon gelaufen, die Mutter war 15 als er auf die Welt kam, und ist von ihren Eltern im Stich gelassen worden. Während er aufwuchs, hat sich seine Mutter mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten. Johann S. war meistens alleine daheim. Mehrer Male war das Jugendamt bei ihnen zu Gast, öfter als einmal wollte sie Johann S. wegen Verwahrlosung mitnehmen. Aber seine Mutter hatte immer gekämpft, wollte ihn nicht hergeben. Er war ihre einzige Erinnerung an seinen Vater. Sein Vater, ein Totalversager, der im entscheidenden Moment abgehauen ist. Aber seine Mutter redete immer nur positiv von ihm, sie sagte, eines Tages werde er wiederkommen, er würde einen guten Job haben, viel Geld verdienen und sie aus ihrem Elend herausholen. Alkohol und Drogen haben Johann´s Kindheit geprägt. In der Kindheit und Jugend hatte er keine einzigen Freunde.
Seine Schulzeit war eine einzige Qual, seine Mitschüler und sogar die Lehrer nannten ihn „Bastard“ und beschimpften seine Mutter als Hure.
Recht früh, mit 11 Jahren, entdeckte er den Alkohol, als den einzigen wahren Freund in seinem Leben. Und dieser Freund hat sein Leben dann endgültig zerstört. Johann S. kannte kein anderes Leben als das seine.

Kapitel 4
9 Stunden lang haben Ärzte im Wiener AKH um das Leben von Michael gekämpft. 2 Chirurgenteams wechselten sich ab. Der Chefarzt meinte, medizinisch gesehen hätten sie den Kampf verloren. Aber Michael hat nicht aufgegeben. Er wollte nicht sterben, er hat den Kampf um sein Leben zusammen mit den Ärzten gewonnen. Das sollte für lange Zeit das letzte Mal sein, dass Michael unbedingt Leben wollte.
Als er drei Tage später in einem Krankenhauszimmer aufwachte, sah er mehr tot als lebendig aus. Von seiner überströmenden Vitalität und Sportlichkeit war nur mehr ein Hauch zu erahnen. Seine Eltern waren beide an seinem Bett, gemeinsam, obwohl sie seit 7 Jahren geschieden waren. Frank war hier, sein väterlicher Freund und langjähriger Trainer. Sonst niemand. Als ehrgeiziger Fußballprofi hat man keine engen Freunde. Der Weg nach oben ist ein sehr einsamer Weg. Das musste Michael jetzt feststellen.
Seine Eltern versuchten ein Lächeln, Frank blickte ernst auf Michael herab. „Hey, Leute was macht ihr alle hier? Gibt’s was umsonst?“ versuchte Michael einen Scherz zur Auflockerung der Stimmung. Seine Eltern lachten gequält, Frank grinste „Zumindest ist er noch der Alte“ meinte er in Gedanken. Aber das sollte sich bald ändern!
Die medizinische Diagnose sah trotz allem nicht gut aus. Bruch des neunten Brustwirbels, mit starker Beschädigung des Rückenmarks. Heilungschancen: Gering bis nicht vorhanden.
Aber es wäre nicht Michael, hätte er nicht sofort gemeint: „Gering – das ist besser als nichts“ An dem Tag, als Michael die Diagnose hörte, begann sein zweiter wichtiger Kampf in seinem bisherigen Leben. Den Kampf um sein Leben hat er gewonnen, aber diesen zweiten Kampf um seine Beine sollte er verlieren.
„Komplette Fraktur ab TH9, Querschnitt ca. ab dem Bauchnabel, Sensorik und Motorik negativ“ so lautete der nüchterne Befund. Aber Michael war nicht bereit, aufzugeben. Er flog zu einem Spezialarzt nach Massachusetts, wo er für 3 Monate in Therapie blieb. Aber der einzige Erfolg war, dass seine Ersparnisse dahin schmolzen wie Eis in kochendem Wasser. Michael fragte bei vielen klinischen Studien an, die auf Heilung von Querschnittlähmung hinarbeiteten. Aber keine war so weit, dass sie ihn als Versuchspatient annahmen. Für die einen war sein Unfall schon wieder zu lange her. Bei diesen Studien bräuchten die Ärzte frisch Verletze. Bei wieder anderen Projekten wurde er abgelehnt mit der Begründung: „Zu frische Verletzung“ Das Bild, dass sich Michael ergab, war entmutigend: Mit einer realistischen Einschätzung der Situation war mit Heilung nicht in den nächsten 15 Jahren zu rechnen!
Als Michael realisierte, dass sich sein Traum, Profifußballer zu werden, so kurz vor seinem Durchbruch in Luft aufgelöst hatte, wollte er sterben. Er hatte nichts mehr wozu es sich zu Leben lohnte! Michael versuchte zum ersten Mal in seinem Leben, sich umzubringen. Er bekam von den Ärzten immer noch Schlafmittel, weil er nicht einschlafen konnte. Einige Nächte lang sammelte er die Tabletten. Doch nachdem er sie eingenommen hatte, kam eine Krankenschwester herein. Sie bemerkte, dass er noch bleicher als sonst war und ließ einen Arzt kommen. Von dem Tag an bekam Michael Antidepressiva.
Doch außer dem Zorn und der Verbitterung regte sich noch ein anderer Gedanke in Michaels Kopf: „WER?“ Er wollte wissen, wer ihm das angetan hat. Frank und seine Eltern haben immer nur Andeutungen gemacht. Anscheinend war Alkohol im Spiel. Diese Frage entwickelte sich zu einer fixen Idee von Michael, er musste es wissen. Er wusste nicht, was er mit dieser Information machen würde, aber er brauchte sie!
Irgendwann bekam er dann den Polizeibericht in seine Hände. Johann S. 2,3 Promille. Nur leichte Verletzungen. Michaels Hände fingen an zu Zittern, vor Wut. Oder war es wegen der Medikamente? Endlich ließ Michael die ganze angestaute Wut mit einem lauten Schrei heraus. Die Krankenschwester, die gerade im Nebenzimmer zu tun hatte, rief sofort den diensthabenden Psychologen. Michael weinte Tränen der Trauer und des Zorns, als der Psychologe ins Zimmer kam. Alle hofften nun, dass dieser Ausbruch ein erster Schritt in die richtige Richtung wäre. Man dachte, es ist ein Zeichen, dass er beginnt alles zu verarbeiten. Nach 7 Monaten in verschiedenen Krankenhäusern kam Michael in eine Rehabilitationsklinik in der Nähe von Wien. Dort sollte er lernen, wieder selbstständig sein Leben zu führen. Michael hatte das Glück, beide Arme noch voll verwenden zu können. Außerdem war er jung und sportlich. Die Therapeuten waren sich sicher, dass er in kürzester Zeit wieder alles selbstständig lernen würde.
Doch Michael wollte nicht lernen, als Rollstuhlfahrer zu leben. Entweder er würde geheilt werden, oder er wollte gar nicht mehr leben. Anziehen, Dusche, vom Bett in den Rollstuhl und zurück wechseln – was die meisten Patienten in den ersten Wochen lernten, dauerte bei Michael 8 Monate! Mehr als einmal wollten seine Therapeuten die Rehabilitation abbrechen. Doch Frank kümmerte sich darum, dass er weiter dort bleiben konnte. Wenn er hier raus kam, musste er selbstständig sein. Sonst müsste er zu Hause von seiner Mutter gepflegt werden. Und Frau Neurauter war keine Mutter, der man ein erwachsenes Kind zur Pflege geben würde.
Nach insgesamt 15 Monaten durfte Michael dann doch endlich nach Hause. Als Frank in abholte, begrüßte er ihn mit den Worten: „Hey pass auf wenn du mich mitnimmst – ich gehöre hier schon zum Inventar“ Das war allerdings die einzige positive Bemerkung, die Frank in den nächsten Wochen hören sollte. Wann auch immer er bei Michael zu Hause war, schimpfte er nur: Auf seine Mutter, die unfähig wäre, auch nur auf die einfachsten Dinge zu achten. Auf seinen Vater, der sich nie blicken lässt. Auf Frank, weil er nie Bier mitbringt. Auf Gott und die Welt sowieso, denn die haben ihm das ja angetan. Und auf Johann S., dem er Tod und Teufel an den Hals wünschte. Aber ganz selten hörte Frank dann wieder eine spitze Bemerkung, die ihn an den „alten Michael“ erinnerte. Er wusste, dieser Michael ist noch da, unter all der Verbitterung und dem Zorn. Aber mit der Zeit hörte er diesen alten Michael immer seltener.
Michael entdeckte die Kneipe zwei Häuser weiter. Das war von nun an die einzige Gelegenheit, wo er aus dem Haus ging. Er fing an zu trinken. Zu viel zu trinken,. Ansonsten saß er in seinem Zimmer vor dem Fernseher. Oder er schlief seinen Rausch aus. Irgendwann zog seine Mutter dann aus, sie hielt es nicht mehr mit ihm zusammen aus. Nun war Frank der Einzige, den er noch beleidigen konnte.

In dieser Zeit hatte Johann S. tatsächlich eine Arbeit als Hilfsarbeiter in einer Kartonagenfabrik. Es kam selten vor, dass Johann eine Arbeit länger als eine Woche behielt, aber bis auf die starke Alkoholfahne war man überraschend zufrieden mit seiner Arbeit. Und Johann S. gefiel es nicht schlecht dort, die Kollegen ignorierten ihn. Die Arbeit war zwar eintönig, aber ansonsten ganz OK. Er hatte sich auch endlich ein altes Auto leisten können. Noch nie hatte er davor ein Auto besessen.
Aber schon nach nur einer Woche kam es zu diesem folgenschweren Unfall. Danach erschien Johann S. nie wieder in der Arbeit. Sein Auto, das für ihn der Beginn des Aufstiegs darstellen hätte sollen, hatte einen Totalschaden. Johann S. rutsche noch tiefer hinab in den Abgrund. Er kannte den jungen Mann nicht, dessen Leben er zerstört hat. Er wusste nicht einmal, ob er die Operation überlebt hat, oder wie es ihm heute geht. Und eigentlich interessierte es ihn auch nicht wirklich. Johann S. hatte nie jemanden, der ihm gegenüber Mitgefühl entgegengebracht hätte, diese Gefühlsregung war ihm total fremd. Darum kümmerte es ihn auch nicht, dass jemand wegen ihm zu Schaden gekommen war.
Nach dem Unfall musste er einige Zeit ins Gefängnis, wegen Alkohol am Steuer. Diese Zeit war wirklich hart für ihn, da es echt schwer war, Alkohol zu bekommen, im Gefängnis. Er nahm sich vor, nie wieder dort zu landen! Er brauchte nun mal sein Bier!

"Das Team" Prolog

Das Team


Hier intrigierte jede gegen die nächste, alle gegen ihren neuen Trainer Michael, und der gegen die Mannschaft, gegen Gott und den Rest der Welt. Michael weiß nicht, warum er den Job als Trainer der Damen des 1. FC Hütteldorf überhaupt übernommen hat.
Aber ihm gelingt das Unmögliche: Gegen alle äußeren, und vor allem gegen seine eigenen inneren Widerstände und Kämpfe formt er aus den Mädchen ein Team.
Ein Team, wo jeder für den anderen einsteht.

Doch dieser Zusammenhalt wird auf eine harte Zerreißprobe gestellt, als der furchtbare, dunkle Schatten eines Mordverdachts auf Michael fällt. Die Spuren führen zu Michael, den das Opfer ist für ihn kein Unbekannter …

Prolog
„Das ist der Durchbruch“, dachte sich Michael auf dem Heimweg „jetzt kann mich niemand mehr aufhalten“. Er kam gerade von der Meisterfeier „seiner“ Mannschaft. Während er durch die nachtschwarzen Straßen von Wien fuhr, dachte er über das nach, was im letzen Jahr passiert ist. Vor einem Jahr hatte Michael einen Profivertrag bei der Wiener Austria bekommen. Natürlich ist er in diesem Jahr hauptsächlich in der Amateurmannschaft der Wiener zum Einsatz gekommen. Aber diese Mannschaft hatte er mit 38 Toren zum Meistertitel und dem Aufstieg in die 2. österreichische Liga geschossen. Jedem war klar, das dieser Erfolg zu einem großen Teil im zustand!
Durch Einberufungen in das U20 Nationalteam kam er ins Visier von internationalen Klubs!
Nun klopften Tobklubs wie Inter Mailand, der FC Liverpool und Bayern München an seine Tür. Sie wollten ihn, klar würde er dort bei den Amateuren anfangen müssen. Aber jede große Karriere hat so begonnen! Er war in der glücklichen Lage, sich überlegen zu können zu welchem der ganz großen europäischen Spitzenklubs er nun wollte.
Berauscht nur durch das Glücksgefühl des Triumphes fuhr Michael in Wien-Hütteldorf in seine Straße ein. Nein, er trank nie Alkohol, nicht einmal ein Glas Sekt zu Silvester. Sein Leben war nur auf ein Ziel ausgerichtet: Fußball zu spielen, das war seine Welt! Michael hatte viel dafür geopfert, Freunde, persönliche Freuden und andere Hobbys.
Aus den Augenwinkeln nahm er eine Bewegung wahr, dann passierte alles rasend schnell. Michael hörte noch die Hupe, sah nach rechts direkt in grelles Licht, hörte Metall auf Metall krachen, spürte die Wucht des Aufpralls. All das passierte in Bruchteilen von Sekunden, die sich aber wie Kaugummi zu kleinen Ewigkeiten dehnten! Wie in Trance sah er, wie es sein Auto von der Straße schleuderte. Die Welt schien sich zu drehen, die Häuser seiner Nachbarschaft, alles verschwamm vor seinen Augen. Wie in einem schlechten Film waren Lichter und Farben surreal grell, Formen schienen zu zerfließen. Er hatte das Gefühl, in tausend Teile zerrissen zu werden, Schmerzen explodierten in seinem Körper. Sein Körper, der zu einer perfekten Sportmaschine geformt werden sollte!
Plötzlich spürte er gar nichts mehr, eine tiefe, unheilvolle Dunkelheit legte sich über ihn.
Michael bekam nicht mit, wie die vor kurzem so friedliche Straße in Wien-Hütteldorf durch Blaulicht und Sirenen wachgerüttelt wurde. Polizei, Rettung und Feuerwehr versuchten zu retten, was zu retten war!
Er bekam nicht mit, wie rettende Hände ihn aus dem Autowrack befreiten, wie ein Notarzt sagte: „Verdammt, das sieht gar nicht gut aus!“
Er bekam auch nicht mit, dass der Arzt sagte: Vorsicht beim Transport, es könnte sich um eine Wirbelverletzung handeln.
Er bekam auch nicht mit, dass der Fahrer des anderen Autos, ein stadtbekannter Alkoholiker mit 2,3 Promille Alkohol im Blut, überhaupt nur ein paar Prellungen und Kratzer abbekommen hatte.
Nein, das alles bekam Michael nicht mit. Noch nicht. Er sollte das alles noch erfahren.

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